LSVD begrüßt Gesetzentwurf des BundesjustizministeriumsEin aktueller Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums sieht die klarstellende Ergänzung von geschlechtsspezifischen und gegen die sexuelle Orientierung gerichteten Tatmotiven im Strafgesetzbuch vor. Damit werden queerfeindliche Motive im Strafgesetzbuch sichtbarer gemacht. Dazu erklärt Dr. Stefanie Lünsmann-Schmidt aus dem Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):
Der LSVD begrüßt, dass das Bundesjustizministerium geschlechtsspezifische und gegen die sexuelle Orientierung gerichtete Tatmotive im Strafzumessungskatalog ausdrücklich benennen möchte. Damit wird eine langjährige Forderung des LSVD endlich umgesetzt. Hassdelikte gegen Schwule, Lesben, Bisexuelle, trans* und intergeschlechtliche Menschen (LSBTI) gehören in Deutschland zum Alltag queerer Menschen. Wenn LSBTI-feindliche Hasskriminalität nicht ausdrücklich im Normentext genannt ist, finden diese Beweggründe in der Praxis der polizeilichen Ermittlungen und strafrechtlichen Bewertung keine angemessene Beachtung.
Wir erleben immer wieder, dass die Polizei bei Straftaten gegen LSBTI nur den Tathergang ermittelt, aber sich nicht bemüht aufzuklären, welche Beweggründe die Täter veranlasst haben, die betroffene Person als Opfer auszusuchen. Auch die Staatsanwaltschaften nehmen solche Straftaten oft nicht ernst und verweisen beispielsweise Opfer von Beleidigungen, tätlichen Beleidigungen und Sachbeschädigungen auf den Privatklageweg.
Die ausdrückliche Ergänzung LSBTI-feindlicher Beweggründe ist deshalb ein wichtiger und notwendiger Schritt im Kampf gegen queerfeindliche Hasskriminalität. Die Gesetzesbegründung stellt ausdrücklich klar, dass mit dem Begriff „geschlechtsspezifisch“ neben frauen- und männerfeindlichen Beweggründen auch Hass gegen trans* und intergeschlechtliche sowie nichtbinäre Menschen gemeint ist. Zu begrüßen ist auch die Wahl des Begriffs „gegen die sexuelle Orientierung gerichtet“, der alle sexuellen Orientierungen erfasst.
Entsprechende Ergänzungen müssen auch im Tatbestand der Volksverhetzung (§ 130 StGB) und der verhetzenden Beleidigung (§ 192a StGB) erfolgen. Die fehlende Sichtbarkeit LSBTI-feindlicher Gesinnungen im Straftatbestand der Volksverhetzung führt in der Praxis dazu, dass Verurteilungen zu homo- oder biphober, transfeindlicher oder sexistischer Volksverhetzung trotz ihrer weiten Verbreitung äußerst selten sind. Die von den Gerichten entschiedenen Fälle beziehen sich fast ausschließlich auf rassistische, antisemitische und rechtsextremistische Äußerungen, also auf die im Gesetz ausdrücklich benannten Gruppen. Im neuen Straftatbestand der verhetzenden Beleidigung werden geschlechtsspezifische Motive gar nicht benannt. Auch in der Gesetzesbegründung werden trans* und intergeschlechtliche Menschen als Zielgruppe nicht erwähnt. Ob auch frauen-, trans-* und interfeindliche Inhalte von der Vorschrift erfasst sind, ist nicht klar, eine gesetzliche Klarstellung daher dringend erforderlich.
Im Kampf gegen LSBTI-feindliche Hasskriminalität ist die Sichtbarmachung von Queerfeindlichkeit im Strafgesetzbuch nur ein Schritt von vielen. Erforderlich ist ein wirksamer Nationaler Aktionsplan für Akzeptanz und Schutz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt, mit klaren zeitlich definierten Zielvereinbarungen, belastbaren Selbstverpflichtungen der zuständigen staatlichen Stellen und angemessenen Haushaltsmitteln zur Prävention und Bekämpfung von Homophobie und Transfeindlichkeit. Außerdem muss Bundesinnenministerin Faeser endlich den Beschluss der Innenminister*innenkonferenz umsetzen, eine unabhängige Fachkommission zu Hasskriminalität gegen LSBTI einzuberufen.
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